Data meets Compliance:
Datenarchitekturen & GxP-Konformität
Wie moderne Datenarchitekturen in der Cloud GxP-konform qualifiziert und validiert werden
Auch in regulierten Branchen wie Pharma, Biotechnologie oder Medizintechnik gehören cloudbasierte Plattformen und datenverarbeitende Systeme inzwischen zur Realität. Besonders Data Lakes und Data Warehouses auf Basis automatisierter Data Pipelines ermöglichen eine effiziente Speicherung, Verarbeitung, Integration und Bereitstellung großer Datenmengen.
Doch wenn es um GxP-relevante Entscheidungen geht, herrscht oft Zurückhaltung. Viele Life-Sciences-Unternehmen zögern, cloudbasierte Informationssysteme als Grundlage für qualitäts- und sicherheitskritische Prozesse einzusetzen, weil sie Kontrollverlust, eingeschränkte Auditierbarkeit oder mangelnde Validierbarkeit befürchten. Dieser Beitrag zeigt, wie Cloud-Technologien und zukunftsweisende datenbasierte Konzepte im GxP-Umfeld sicher und compliant genutzt werden können.
Bausteine digitaler Transformation: Lakes, Warehouses, Pipelines…
Data Lakes und Data Warehouses unterscheiden sich vor allem in der Struktur, Verarbeitung und Nutzung der Daten. Ein Data Lake speichert große Mengen strukturierte, unstrukturierte und semi-strukturierte Daten in ihrem Rohformat. Sie sind sehr flexibel und skalierbar, und neue Datenquellen können problemlos eingebunden werden. Sie bilden daher oft die Grundlage für moderne Datenarchitekturen, in denen Informationen aus verschiedenen Quellen (z. B. Sensoren, LIMS, MES, Auditdaten) gesammelt und bereitgestellt werden.
Data Warehouses hingegen verarbeiten vorwiegend strukturierte Daten, die durch ein vorgegebenes Schema gefiltert, konsolidiert und für spezifische Analysen vorbereitet werden. Änderungen an der Struktur sind kosten- und zeitintensiv. Dafür sind die Daten optimal für klassische Analysen und Business Intelligence einsetzbar. In der Praxis ist der Unterschied zwischen Data Lake und Data Warehouse nicht immer klar abzugrenzen. Häufig gibt es Mischformen, die sogenannten Data Lakehouses.
Data Pipelines verbinden die Systeme. Es sind automatisierte Verarbeitungsketten, die Daten aus verschiedenen Quellen aufnehmen, sie nach vordefinierten Regeln transformieren, bereinigen und zum Beispiel in ein Data Lake oder Data Warehouse überführen. Eine Datenpipeline besteht aus einer Folge der Schritte Extraktion, Transformation und Laden, auch ETL oder ELT abgekürzt, je nachdem, an welchem Ort die Daten verarbeitet werden.
Typische Pipeline-Stacks in der Cloud setzen auf eine Kombination etablierter Tools und Plattformen. Häufig kommen dabei Frameworks wie Apache Spark, Databricks oder AWS Glue zum Einsatz, ergänzt durch Workflow- und Integrationstools wie Kafka, Airflow, dbt oder Fivetran. Die Speicherung erfolgt meist über Cloud-native Dienste wie Amazon S3, Azure Data Lake Storage oder Google Cloud Storage, optional kombiniert mit Plattformen wie Snowflake, BigQuery oder Redshift. In der Microsoft-Welt dominieren Ökosysteme rund um Azure Data Factory, oft kombiniert mit OneLake DataLake und Fabric als Analyselösung. Eine zentrale Rolle spielt hier Power BI, das sich als Standardplattform für Business Intelligence und zunehmend für KI-Anwendungen etabliert hat.
Herausforderungen im regulierten Umfeld
Dank der Data Lakes, Data Warehouses und Data Pipelines können wachsende Datenmengen unabhängig von Standort und System nahezu in Echtzeit erfasst, gespeichert, bewegt und ausgewertet werden. Doch wie lassen sich diese flexiblen, dynamischen Systeme qualifizieren und validieren? Einige typische Herausforderungen, die dafür in den Blick genommen werden müssen, sind:
- Automatisierung: Viele Pipelines laufen ohne manuellen Eingriff. Wie lässt sich ihre Korrektheit nachweisen?
- Skalierbarkeit: Systeme passen sich dynamisch an. Was bedeutet das für Qualifizierungsansätze der Infrastruktur?
- Transparenz: Datenflüsse sind komplex, denn die Daten stammen aus unterschiedlichen Quellen, werden in mehreren Stufen transformiert, über verschiedene Pipelines bewegt und schließlich in Anwendungen wie LIMS und MES genutzt. Wie wird sichergestellt, dass sie nachvollziehbar dokumentiert und auditierbar sind?
- Hohe Änderungsfrequenz: Regelmäßig kommen neue Datenquellen hinzu, erfolgen Transformationen oder Infrastrukturänderungen. Wie bleibt die Compliance dauerhaft sichergestellt?
Die Lösung liegt in einem risikobasierten, prozessorientierten Validierungsansatz, der DevOps- und Cloud-Prinzipien berücksichtigt. Ausgangspunkt ist eine Risikoanalyse, etwa im Rahmen eines Technical Risk Assessments. Entsprechend der erwarteten Verteilung der Risiken werden die Schwerpunkte der Qualifizierung- und Validierungsaufgaben festgelegt. Dabei erfolgt zunächst die Qualifizierung der zugrunde liegenden Infrastruktur. Anschließend können die konkreten Use Cases und Data Pipelines validiert werden.
Qualifizierung der Cloud-Infrastruktur in enger Zusammenarbeit mit den Anbietern
Unabhängig davon, ob der Fokus mehr im Bereich Data Lake oder Data Warehousing liegt, ist die Voraussetzung für eine erfolgreiche Validierung eine vorherige Qualifizierung der Infrastruktur, in diesem Fall der Cloud-Dienste. Hier sind die Nutzer als Kunden auf eine enge Kooperation mit dem Cloud-Provider angewiesen. Häufig fehlen den Anbietern jedoch Kenntnisse im regulierten Umfeld, da es für sie keine verpflichtende GxP-Regulierung gibt. Zudem fehlt oft das Verständnis für Life-Sciences-Szenarien, und Erfahrungen aus anderen Branchen lassen sich nur bedingt übertragen.
Anwenderunternehmen stehen häufig außerdem vor dem Dilemma, dass große Anbieter zwar standardisierte Lösungen bieten, diese aber nicht immer auf spezifische Anforderungen passen. Kleinere Anbieter verfügen zwar selten über GxP-Kenntnisse, zeigen sich dafür oft flexibler und entwickeln gemeinsam mit Kunden Lösungen, die auch Audits standhalten.
Zentral ist die Frage, ob der Plattform-Betreiber ausreichende Kontrolle und Transparenz über seine Infrastruktur nachweisen kann. Doch oft stellen Cloud-Anbieter nicht alle für die Qualifizierung erforderlichen Dokumente bereit. Supplier Assessments helfen, Auflagen festzulegen, etwa durch Nachlieferung von Dokumenten oder zusätzliche Zertifizierungen. Vertragliche Regelungen und Service Level Agreements reduzieren Compliance-Risiken und sollten Eskalationspfade, Incident- und Problem-Management einschließen. Ergänzend ist eine regelmäßige, strukturierte Kommunikation mit den Anbietern wichtig, um Transparenz und Nachvollziehbarkeit sicherzustellen.
Ein besonderes Risiko stellen die Change-Prozesse der Plattformbetreiber dar. Anwender haben meist nur begrenzten Einfluss auf neue Releases oder Module. Klassische Installationsqualifikationen (IQ) sind daher oft nicht praktikabel. Eine Alternative sind vertraglich geregelte Build- und Release-Prozesse (CI/CD – Continuous Integration/Continuous Delivery) kombiniert mit kontinuierlichem Monitoring. So bleibt das System auch nach Änderungen im definierten Rahmen. Der zeitnahe Abgleich von Release Notes ist ein einfaches, wirksames Mittel zur Risikominimierung.
Das Validierungs-Framework als strategischer Schlüssel
Um cloudbasierte Datenarchitekturen mit Data Lakes, Data Warehouses und Data Pipelines GxP-konform zu betreiben, kommt zur klar strukturierten Zusammenarbeit mit den Cloud-Anbietern das belastbare Validierungs-Framework hinzu. Damit werden die relevanten Themen systematisch adressiert. Die zentralen Bausteine sind:
1. Ein systematischer, risikobasierter Ansatz, der
- die relevanten Datenflüsse analysiert und GxP-relevante Verarbeitungsschritte sowie Systeme identifiziert,
- die Infrastruktur qualifiziert sowie Software und Pipelines basierend auf den jeweiligen Use Cases validiert.
2. Governance und Sicherstellung der Data Integrity nach ALCOA+
- z. B. durch den Einsatz von Lineage-Tracking, Audit-Trails, Data Catalogs,
- ergänzt durch Logging, Monitoring und Alerting auf Pipeline-Ebene.
3. Eine durchdachte Teststrategie für Pipelines mit
- automatisierten Tests aller Verarbeitungsschritte – von der Extraktion über die Transformation bis hin zur Bereitstellung der Daten,
- Simulation und Kontrolle von Fehlerfällen,
- Regressionstests bei Änderungen an Code oder Infrastruktur.
4. Infrastructure-as-Code und CI/CD als Rahmen für die technische Umsetzung:
- Validierbare Deployment-Prozesse mit Tools wie Terraform, GitHub Actions oder Azure DevOps für reproduzierbare Ergebnisse.
- Versionierung und Freigabeprozesse auch für Konfigurationen und Metadaten.
5. Lieferantenbewertung, inklusive
- Bewertung der genutzten Cloud-Dienste (SaaS, PaaS, IaaS),
- Dokumentation von SLAs, Support-Level
- Klare Regelungen im Shared-Responsibility-Modell zu Rollen und Verantwortlichkeiten.
Fazit: Validierung in der Cloud lohnt sich
Die GxP-konforme Validierung und Qualifizierung cloudbasierter Data Lakes, Data Warehouses und Data Pipelines ist mehr als eine regulatorische Pflicht. Richtig umgesetzt verbessert sie die Datenqualität, vereinfacht Audits und Inspektionen, erhöht die Verlässlichkeit datenbasierter Entscheidungen und steigert die Agilität, da Änderungen transparent und nachvollziehbar umgesetzt werden können. Dabei ist die Validierung plattformunabhängig möglich, wenn die Architektur nachvollziehbar dokumentiert, automatisiert testbar und gut überwacht ist. Der Schlüssel liegt im Validierungs-Framework.
Die Technologie ist da. Der Mut, sie sinnvoll zu nutzen, entscheidet über den Erfolg.
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